Benutzer:Felix/Ausarbeitung
Inhaltsverzeichnis
Grundlagen
Patente
Staaten erhoffen sich durch Patente eine Förderung von Innovation und Wirtschaft und Allgemeinwohl.
Patente werden für technisch anwendbare Erfindungen vergeben, die "neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind." (Art. 52, Abs. 1 EPC). Der Patentinhaber erhält so ein Quasi-Monopol auf seine Erfindung und kann entscheiden, wem er die patentierte Technologie unter welchen Bedingungen zur Verfügung stellt. Auf diese Art und Weise werden auch Projekte mit großem Investitionssummen rentabel und Erfindungen, die der Allgemeinheit zugute kommen, werden so belohnt. Im Gegenzug verpflichtet sich der Patentinahber zur vollständigen und für den Fachmann verständlichen Offenlegung des Patentes. Die Patentdauer ist zeitlich begrenzt. In TRIPS wurde vereinbart, dass es jeder Staat den Patentinhabern ermöglichen soll, ihre Patente 20 Jahre laufen zu lassen.
"Europäische" Patente gibt es an sich nicht. Es gibt derzeit nur nationale Patente. Eine zentrale Einreichung beim Europäischen Patentamt (EPA) ist möglich, welches dann über die Patentierbarkeit entscheidet. Für jedes Patent müssen rechtsverbindliche Übersetzungen in _alle_ Amtsprachen der EU angefertigt werden. Dadurch entstehen Kosten von 25000 bis 50000 Euro pro Patent. (http://www.dihk.de/inhalt/download/studie_eu_buerokratie.pdf ). Bei Patentverletzungen gilt weiterhin das nationale Patentrecht.
Ab 2005 sind Gemeinschaftspatente mit EU-weitem Recht geplant. Dann gibt es nur noch ein Patent nach EU-Vorschrift. Ursprünglich ist eine Reduzierung der nötigen Übersetzungen geplant gewesen, was aber inzwischen wegen nationaler Eitelkeiten fallen gelassen wurde.
Softwarepatente
Im deutschen Patentgesetz (PatG) wurde festgelegt, dass ein Erfindung den Einsatz von Naturkräften benötigt, um patentierbar zu sein, d.h., es muss das Kriterium der Technizität erfüllen. Der bestimmungsgemäße Gebrauch eines Computers fällt nach gängiger Rechtssprechung nicht darunter. Ohnehin werden in §1 Abs. 2 PatG "Programme für Datenverarbeitungslagen" explizit von der Patentierbarkeit ausgeschlossen.
Ähnlich verhält es sich in der Europäischen Patentübereinkunft (EPÜ) von 1973. Auch hier sind Programme für Datenverarbeitungsanlagen nicht patentierbar und Erfindungen müssen einen technischen Charakter aufweisen. Allerdings sind Softwarepatente in Europa trotzdem bestehende Praxis. Bis dato wurden weit über 30000 Softwarepatente erteilt, die aber auf Grund des Ausschlusskriteriums von Softwarepatenten in EPÜ, Art. 2, Abs 2c noch nicht durchsetzbar sind.
Verantwortlich dafür ist das Europäische Patentamt (EPA), dass 2000 den Begriff computerimplementierte Erfindungen prägte. Demnach ist ein Computer eine technische Maschine und so erfüllen alle Programme, die auf einem Computer ablaufen das Technizitätskriterium. (http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/indprop/comp/com02-92de.pdf )
Software-Patente in den USA
In den USA ist die Patentierung insgesamt liberaler und so sind dort u.a. Softwarepatente schon seit etlichen Jahren bestehende Praxis. 1981 urteilte der Surpreme Court im Fall Diamond v. Diehr gegen den Willen des US-Patentamtes (US Patent and Trademark Office, "PTO"), dass das Patent auf ein Programm zur Berechnung der optimalen Aushärtezeit von Gummi zu erteilen ist. Dieses bestand aber im Wesentlichen nur aus einem lange vorher bekannten Algorithmus, der Arrhenius-Gleichung, der auf eingelesene Messdaten angewandt wurde. (http://www.sensortime.com/Diehr81-de.html )Daraus folgten 1990 erste Richtlinien, die Verfahren patentierbar machte, in denen mathematische Algorithmen auf "real-world values" angewendet werden, also z.B. ein Programm zur Wettervorhersage.
1996 folgten dann die vom PTO erlassenen "Examination Guidelines for Computer-Related Inventions". (http://www.uspto.gov/web/offices/com/hearings/software/analysis/computer.html ) Patentierbar sind seitdem
- "Independent Physical Acts (Post-Computer Process Activity)": Computerberechnungen werden genutzt, um Effekte in der realen Welt zu erzielen. Als einfaches Beispiel sei eine Maschinensteuerung angeführt.
- "Manipulation of Data Representing Physical Objects or Activities (Pre-Computer Process Activity)": Dies entspricht einer Neuauflage der Richtlinien von 1990. Der Computer erhält Daten aus der realen Welt und verarbeitet diese dann. Darunter fallen neben Programmen zur Wettervorhersage u.a. auch Programme zur Auswertung der Daten eines Seismographen.
- "Computer-Related Processes Limited to a Practical Application in the Technological Arts": Dies lässt eine umfassende Patentierbarkeit von Software ohne jegliche Auswirkung in der realen Welt zu. Obwohl Algorithmen immer noch nicht patentierbar sind, trifft dies nicht mehr auf deren praktische Anwendung zu. //TODO Beispiel
(//TODO Beispiel: Noise-Filter. Der Algorithmus an sich ist nicht patentierbar, nur die Anwendung des Algorithmus, um das Rauschen aus einem Signal zu filtern, also um ein Real-World-Problem zu lösen.)
Die Richtlinie ist problematisch, da sie nicht eng genug gefasst ist, um Trivialpatente zu verhindern. So konnte z.B. IBM 2002 ein Patent auf die Statusanzeige der Caps-Lock-Taste erhalten (US-Patentnummer 6,748,468).
Derzeit sind ca 15% aller Patente in den USA Softwarepatente. Zum größten Teil handelt es sich dabei um strategische Patente großer Fertigungsfirmen. Nur 5% gehören Softwarefirmen. Studien behaupten zudem, dass für Patentausgaben verwendete Mittel bei der Forschung eingespart werden. (http://www.researchoninnovation.org/swpat.pdf )
Diese große Menge an Softwarepatenten hat außerdem dazu geführt, dass Firmen entstanden sind, die sich auf die Vermarktung von Patenten spezialisiert haben, ohne einen wirtschaftlichen Mehrwert zu liefern. Das Firmenkonzept besteht oft darin, billig Patente einzukaufen und dann Firmen zu verklagen, die diese Technik nutzen. Als bekannteste Vertreter seien hier Acacia (Web-Streaming), SCO (Unix), Eolas (ActiveX) und McKool Smith (3D-Grafik, Online-Spiele) genannt.
Strittige Aspekte
- Harmonisierung (siehe pro und contra sxw)
Technizität
Interoperabilität
Erfindungshöhe
Um patentierbar zu sein, muss eine Erfindung neu sein, d.h., eine gewisse Erfindungshöhe aufweisen, die über dem bereits Bekannten liegt. Genauer definiert wird dies im EPÜ Art. 56 unter dem Schlagwort "erfinderische Tätigkeit". Demnach muss sich eine Erfindung "für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik" ergeben. Bedingst durch überlastete Prüfer und mangelnde Kontrollstrukturen beim EPA sowie durch unweigerlich auftretende subjektive Ansprüche an die Erfindungshöhe (auch bei den Prüfern) ist dieses Kriterium allerdings nicht immer gewährleistet.
Bereits vergebene Patente machen dies sehr deutlich. In den USA wurde kürzlich ein 2002 beantragtes Patent auf Caps-Lock-Warnungen an IBM vergeben (Patentnummer 6748468). Berühmt berüchtigt ist auch das Amazon-One-Click-Patent (Patentnummer EP0927945B1), dass in den USA sogar vor Gericht Bestand hatte. In Europa ist es allerdings nicht gültig, im Gegensatz zum Fortschrittsbalken (Patentnummer EP0394160) und dem elektronische Einkaufswagen (Patentnummer EP0807891).
Allerdings lehnen auch Befürworter von Softwarepatenten solche Trivialpatente ab. Bei der derzeitigen Diskussion um die EU-Richtlinie ist man sich allerdings nicht einig, ob die Formulierungen stark genug sind, um eine gewisse Mindesterfindungshöhe zu gewährleisten.
//TODO: Noch klarer machen, wieso genau Trivialpatente schlecht / nicht erwünscht sind?
Sperrpatente
Die meisten Patente werden so verfasst, dass sie ein möglichst großes Feld abdecken. Je weiter ein Patent gefasst ist, desto besser sind die Aussichten auf Lizenzzahlungen und somit eine Rentabilität des Patentes. Jede Formulierung einer Patentschrift ist so eine Gratwanderung zwischen so umfassend wie möglich und nur so präzise wie nötig. So hat IBM nicht nur die Caps-Lock-Lampe patentiert (Patentnummer 6748468), sondern gleich alle möglichen Caps-Lock-Warnungen: "The signal may be a visual signal, an audible signal, a tactile signal, an auditory signal, or a combination thereof."
Einige Patente sind aber so grundlegend und weit gefasst, dass der Patentinhaber seinen Konkurrenten den Eintritt in ein gesammtes Marktsegment verwehren kann. Diese Patente werden daher als Sperrpatente bezeichnet. Bei Softwarepatenten zeigen Sperrpatente besonders starke Auswirkungen, was im Wesentlichen drei Ursachen hat. Zum einen ist die Patentdichte hier wesentlich höher als in den klassischen Gebieten der Technik. Außerdem sind die Laufzeiten von Softwarepatenten nicht der Schnelllebigkeit und Dynamik der Softwarebranche angepasst. Nicht zuletzt bauen sehr viele Patente aufeinander auf.
Laufzeiten
Die durch TRIPS (Art. 33) für alle WTO-Staaten verbindliche Patentlaufzeit beträgt 20 Jahre. Jedem Patentinhaber muss es ermöglicht werden, sein Patent mindestens so lange zu verlängern. Bei konventioneller Technik mag dies kein oder nur in Einzelfällen ein Problem sein. Dieser Zeitraum ist allerdings nicht der Dynamik und Schnelllebigkeit der Softwarebranche angepasst. Viele Programme sind schon nach wenigen Jahren hoffnungslos veraltet. Für viele Computernutzer wäre es eine Zumutung, jetzt noch mit Windows ME arbeiten zu müssen.
Einige Befürworter von Softwarepatenten, wie die Gesellschaft für Informatik e.V., sprechen sich dafür aus, für Softwarepatente eine spezifische Laufzeit von fünf Jahren einzuführen. (http://idw-online.de/pages/de/news37486 ) Das dies immer noch ein vergleichsweise langer Zeitraum ist, wird am Beispiel von //TODO GUTES BEISPIEL FINDEN deutlich.
Eine fünfjährige Laufzeit wirft in auch in der Praxis Probleme auf. So betrug die durchschnittliche Dauer von der Beantragung bis zur Gewährung eines Patents beim EPA 2002 49 Monate. (http://www.hiba.de/index.php?seite=http://www.hiba.de/durchblick/0303/fakt0303.htm ) Auch derzeit werden nur 22% aller Patente innerhalb von drei Jahren erteilt. (http://www.abendblatt.de/daten/2004/06/04/303093.html ) Der Patentschutz gilt ab dem Anmeldetag. So kann es auch bei einer Patentlaufzeit von fünf Jahren vorkommen, dass das Patent schon abgelaufen ist, wenn es erteilt wird.
//WICHTIG?? => Patent sinnlos, da es so nur noch eine defensive Wirkung hätte, die aber nur aufgrund der Existenz von Patenten sinnvoll ist (http://ffs.or.at/pipermail/discussion/2003-July/000923.html
Kosten
Ein Patent ist nicht nur ein Goldesel. Es verursacht auch Kosten. Recherche- und Beantragungskosten alleine belaufen sich schon auf mehrere zehntausend Euro. Besonders kleine Firmen und Open-Source-Projekte sind davon besonders getroffen. Auch werden Start-Ups erschwert, da sich durch Patente das nötige Startkapital vervielfacht.
Kommt es zu Patentstreitigkeiten, können die Kosten für Patentverfahren schnell in mehrstellige Millionen-Euro-Bereiche steigen. Um sich davor zu schützen, gibt es derzeit schon sogenannte Patentprozessversicherungen, die sich aber bisher nicht durchsetzen konnten, da sie schlichtweg zu hohe Beiträge bei zu geringen Schadensersatzzahlungen forderten. (http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/indprop/patent/docs/patent-litigation-insurance_en.pdf ) Zur Verbesserung dieser Situation war auch eine Pflichtversicherung im Gespräch, was dann natürlich allen Softwarefirmen einen regelmäßigen Beitrag aufbürden würde.
//TODO Statistik einfügen mit 1/4 des Forschungsbudgets geht in Patentoverhead
//TODO steuerliche Aspekte aus diesem Link in Ausarbeitung? http://www.pl-berichte.de/berichte/softwarepatente.html#ToC14
Unsicherheit
U-Boot-Patente
Drohpotential + Rechtsunsicherheit (rückwirkende Legalisierung bereits erteilter (illegaler) Patente erzeugt Rechtsunsicherheit und würde Firmen, die in bestehendes Recht vertraut haben, benachteiligen. Außerdem würden durch unumgängliche Rechtsstreitigkeiten die Existenz vieler Firmen gefährdet. (http://www.ulisommer.de/computer/swp-begriffe.htm ))
Weiterhin ist die Patentrecherche problematisch. Wer ein neues Patent anmelden will, der sollte sich vorher erkundigen, ob ein ähnliches Patent nicht bereits erteilt wurde. Auch Programmierer, die überprüfen wollen, ob ihr derzeitiges Projekt bestehende Patente verletzt, sind auf eine Recherche angewiesen. Diese gestaltet sich aufgrund der Verklausulierung vieler Erfindungen als schwierig. Patente sollen schließlich möglichst unkonkret und weit gefasst sein, um einen maximalen Geltungsanspruch zu erzielen. Weiterhin wurden Softwarepatentschriften im Gegensatz zu technischen Patenten vom EPA im Netz nur als Bilddateien zur Verfügung gestellt, wodurch eine Volltextsuche unmöglich wurde, während dies beim amerikanischen PTO seit 1976 Standard ist. Dies alles führt dazu, dass man sich trotz einer Recherche nicht sicher sein kann, kein Patent zu verletzen. Begeht ein Entwickler trotz vorheriger Patentsuche eine Patentverletzung, so handelt es sich um eine bewusste Patentverletzung, die höhere Strafen als eine unbewusste mit sich führt. Daher ist eine Recherche fast schon als gefährlich zu bezeichnen. //TODO Link finden, in dem das genauer steht? Es existieren zwar auch kommerzielle Patentdatenbanken und Recherchedienste, aber besonders kleine oder Open-Source Entwickler können sich diese nicht leisten.
Um die Recherchen zu vereinfachen, wäre es wünschenswert, Patentinhaber dazu zu verpflichten, den Quellcode ihres Softwarepatents gleich mitzuveröffentlichen, da dieser die konkreteste Beschreibung eines Softwarepatents ist. Derzeit ist dies nicht nötig. Das hätte aber auch zur Folge, dass jeder Mitbewerber im Quellcode nach Patentverletzungen suchen kann, was für die Patentinhaber viel zu riskant wäre. Es sei noch anzumerken, dass quellenoffene Software i.A. sicherer ist, da jeder in ihr nach Fehlern und Exploits suchen kann. Dies gibt dem Wort "Unsicherheit" noch eine ganz andere Bedeutung.