Sitzung: Jeden Freitag in der Vorlesungszeit ab 16 Uhr c. t. im MAR 0.005. In der vorlesungsfreien Zeit unregelmäßig (Jemensch da?). Macht mit!

Benutzer:Felix/Ausarbeitung

TODO: Felix (11:29): Es fehlen noch folgende Punkte: EPA-Interne Abläufe!

  • Bevor wir das abschließen alle TODO's rausnehmen. :)
  • Bibliographie
  • Konvertierung in Latex (ist im Gange)
  • anführungszeichen vereinheitlichen (mache ich bei Latex-Konversion)
  • ein patent ein produkt -> wo passt das rein?
  • fertig gemacht, Andi: TRIPS? (in strittige Punkte, 2. Absatz)
  • sequential innovation
  • zu Interoperabilität stand noch:

// TODO Beispiel: Am liebsten: audio -> mp3, patente aushebeln Bei einer weitgehenden Auslegung dieses Satzes ist vorstellbar das Patente wie die auf die erzeugung des MP3-Formates ungültig werden. // TODO sowas? sollte man noch ausbauen.


In den nächsten Tagen soll in Europa eine Richtlinie zur Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen vom EU-Rat verabschiedet werden. Gegner der Richtlinie befürchten, dass diese Richtlinie die Struktur der Software-Entwicklung in Europa sehr grundlegend verändern könnte. Im folgenden wollen wir einen Überblick über Software-Patente und insbesondere die Diskussion in Europa geben.


Grundlagen

Patente

Patente werden für technisch anwendbare Erfindungen vergeben, die "neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind." (Art. 52, Abs. 1 EPC). Der Patentinhaber erhält so ein Quasi-Monopol auf seine Erfindung und kann entscheiden, wem er die patentierte Technologie unter welchen Bedingungen zur Verfügung stellt. Auf diese Art und Weise werden auch Projekte mit großem Investitionssummen rentabel und Erfindungen, die der Allgemeinheit zugute kommen, werden so belohnt. Im Gegenzug verpflichtet sich der Patentinahber zur vollständigen und für den Fachmann verständlichen Offenlegung des Patentes. Die Patentdauer ist zeitlich begrenzt. In TRIPS wurde vereinbart, dass es jeder Staat den Patentinhabern ermöglichen soll, ihre Patente 20 Jahre laufen zu lassen.

"Europäische" Patente gibt es an sich nicht. Es gibt derzeit nur nationale Patente. Eine zentrale Einreichung beim Europäischen Patentamt (EPA) ist möglich, welches dann über die Patentierbarkeit entscheidet. Für jedes Patent müssen rechtsverbindliche Übersetzungen in _alle_ Amtsprachen der EU angefertigt werden. Dadurch entstehen Kosten von 25000 bis 50000 Euro pro Patent. (\cite{IHK-Studie}) Bei Patentverletzungen gilt weiterhin das nationale Patentrecht.

Ab 2005 sind Gemeinschaftspatente mit EU-weitem Recht geplant. Dann gibt es nur noch ein Patent nach EU-Vorschrift. Ursprünglich ist eine Reduzierung der nötigen Übersetzungen geplant gewesen, was aber inzwischen wegen nationaler Eitelkeiten fallen gelassen wurde.

Softwarepatente

Im deutschen Patentgesetz (PatG) wurde festgelegt, dass ein Erfindung den Einsatz von Naturkräften benötigt, um patentierbar zu sein, d.h., es muss das Kriterium der Technizität erfüllen. Der bestimmungsgemäße Gebrauch eines Computers fällt nach gängiger Rechtssprechung nicht darunter. Ohnehin werden in §1 Abs. 2 PatG "Programme für Datenverarbeitungslagen" explizit von der Patentierbarkeit ausgeschlossen.

Ähnlich verhält es sich in der Europäischen Patentübereinkunft (EPÜ) von 1973. Auch hier sind Programme für Datenverarbeitungsanlagen nicht patentierbar und Erfindungen müssen einen technischen Charakter aufweisen. Allerdings sind Softwarepatente in Europa trotzdem bestehende Praxis. Bis dato wurden weit über 30000 Softwarepatente erteilt (\cite{www.patents4innovation.org}), die aber auf Grund des Ausschlusskriteriums von Softwarepatenten in EPÜ, Art. 2, Abs 2c rechtlich noch nicht durchsetzbar sind.

Verantwortlich dafür ist das Europäische Patentamt (EPA), das 2000 den Begriff computerimplementierte Erfindungen prägte. Demnach ist ein Computer eine technische Maschine und so erfüllen alle Programme, die auf einem Computer ablaufen das Technizitätskriterium. (\cite{Richtlinienvorschlag})


Software-Patente in den USA

In den USA ist die Patentierung insgesamt liberaler und so sind dort u.a. Softwarepatente schon seit etlichen Jahren bestehende Praxis. 1981 urteilte der Surpreme Court im Fall Diamond v. Diehr gegen den Willen des US-Patentamtes (US Patent and Trademark Office, "PTO"), dass das Patent auf ein Programm zur Berechnung der optimalen Aushärtezeit von Gummi zu erteilen ist. Dieses bestand aber im Wesentlichen nur aus einem lange vorher bekannten Algorithmus, der Arrhenius-Gleichung, der auf eingelesene Messdaten angewandt wurde. (\cite{www.sensortime.com}) Daraus folgten 1990 erste Richtlinien, die Verfahren patentierbar machte, in denen mathematische Algorithmen auf "real-world values" angewendet werden, also z.B. ein Programm zur Wettervorhersage.

1996 folgten dann die vom PTO erlassenen "Examination Guidelines for Computer-Related Inventions". (\cite{US-Richtlinie}) Patentierbar sind seitdem

  • "Independent Physical Acts (Post-Computer Process Activity)": Computerberechnungen werden genutzt, um Effekte in der realen Welt zu erzielen. Als einfaches Beispiel sei eine Maschinensteuerung angeführt.
  • "Manipulation of Data Representing Physical Objects or Activities (Pre-Computer Process Activity)": Dies entspricht einer Neuauflage der Richtlinien von 1990. Der Computer erhält Daten aus der realen Welt und verarbeitet diese dann. Darunter fallen neben Programmen zur Wettervorhersage u.a. auch Programme zur Auswertung der Daten eines Seismographen.
  • "Computer-Related Processes Limited to a Practical Application in the Technological Arts": Somit sind Algorithmen weiterhin nicht patentierbar, allerdings deren praktische Anwendung in einem technischen Kontext. Eine Interaktion mit der realen Welt ist nicht mehr nötig. Dies trifft z.B. auch auf grafische Cursor durch XOR-Operationen zu. (US-Patent Nr. 4,197,590)

Die Richtlinie ist problematisch, da sie nicht eng genug gefasst ist, um Trivialpatente zu verhindern. So konnte z.B. IBM 2002 ein Patent auf die Statusanzeige der Caps-Lock-Taste erhalten (US-Patentnummer 6,748,468).

Derzeit sind ca 15% aller Patente in den USA Softwarepatente. Zum größten Teil handelt es sich dabei um strategische Patente großer Fertigungsfirmen. Nur 5% gehören Softwarefirmen. Studien behaupten zudem, dass für Patentausgaben verwendete Mittel bei der Forschung eingespart werden. (\cite{Empirical})

Diese große Menge an Softwarepatenten hat außerdem dazu geführt, dass Firmen entstanden sind, die sich auf die Vermarktung von Patenten spezialisiert haben, ohne einen wirtschaftlichen Mehrwert zu liefern. Das Firmenkonzept besteht oft darin, billig Patente einzukaufen und dann Firmen zu verklagen, die diese Technik nutzen. Als bekannteste Vertreter seien hier Acacia (Web-Streaming), Eolas (ActiveX) und McKool Smith (3D-Grafik, Online-Spiele) genannt.

Strittige Aspekte

Die geplante EU-Richtlinie über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen zielt u.a. darauf ab, die unterschiedlichen Vergabepraxen innerhalb der EU zu vereinheitlichen, so dass eine reibungslose Funktion des Binnenhandelgewährt werden kann. Aber auch eine Harmonisierung mit dem US-Patentrecht ist angedacht, denn für viele Firmen dürfte es schwerlich akzeptabel sein, dass sie Softwarepatente in den USA geltend machen können, in der EU genau dieselben Erfindungen aber nicht geschützt sind.

Die Harmonisierung internationaler Patentstandards ist gesetzlich im TRIPS-Abkommen (Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) festgeschrieben, dass für alle Länder der WTO (World Trade Organisation) verbindlich ist. Dieses wird immer wieder als wesentlicher Grund für eine Einführung von Softwarepatenten angeführt, denn Softwarepatente würden hier nicht von der Patentierbarkeit ausgeschlossen, so die Softwarepatentebefürworter. Diese Behauptung ist aber zumindest fragwürdig, da auch bei TRIPS nur Erfindungen mit technischem Charakter patentiert werden können. (\cite{FfiiTrips})

Aufgrund der vielen bereits erteilten Softwarepatente stellt sich nicht mehr die Frage, ob Softwarepatente kommen oder nicht, sondern nur in welcher Form. Daher wollen wir in den folgenden Punkten auch keine Grundsatzfragen über die Berechtigung von Softwarepatenten stellen, sondern uns auf einige Aspekte konzentrieren, die bei der flächendeckenden Legalisierung Beachtung finden sollten.

Die strittigen fragen lassen sich grob in drei Teile aufspalten, grundsätzliche Fragen, Verfahrensfragen und die Anwendung von Patenten als Waffe. Als Vorblick sei gesagt, das es derzeit in Europa primär nur um die grundsätzlichen Fragen geht.

// TODO soll man sagen das die anderen punkte zum teil daraus folgen?

Grundsätzliches

// TODO kleine definition wieso wir nur die als grundsätzlich annehmen?

Technizität

Mathematische Algorithmen müssen logisch zwingend aus Bekanntem ableitbar sein. Daher können sie nie 'erfunden', sondern nur 'gefunden' werden. Da sie nicht erfunden werden, sind sie aber damit auch nicht patentierbar. Gestritten wird darum, ob das Gleiche oder Ähnliches auch für Software gilt oder nicht.

Traditionell wird in Deutschland von einem Patent verlangt, dass es "zur Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolges des Einsatzes von Naturkräften bedient" (De, PatG §1). Beispielsweise ein neuer Rührquirl, der durch seine besondere Form weniger Energie erfordert, um die gleiche Teigqualität zu erzielen, bedient sich eindeutig der Naturkräfte. Besonders auch dann, wenn zu seiner Steuerung zusätzlich eine Software eingesetzt wird, die beispielsweise anfangs schnell und später langsamer rührt.

Das Europäische Patentamt argumentiert dagegen, "dass alle Programme, die auf einem Computer ablaufen, per Definition als technisch anzusehen sind (da es sich bei dem Computer um eine Maschine handelt)." (Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen, Seite 7, 20.02.2002).

Der Rat der Europäischen Union schließt sich dieser Argumentation größtenteils an, während das Europäische Parlament argumentiert, es "reicht allein die Tatsache, dass eine ansonsten nicht patentierbare Methode in einer Vorrichtung wie einem Computer angewendet wird, nicht aus, um davon auszugehen, dass ein technischer Beitrag geleistet wird. Folglich kann eine computerimplementierte Geschäfts-, Datenverarbeitungs- oder andere Methode, [...] keine patentierbare Erfindung darstellen." (http://www2.europarl.eu.int/registre/seance_pleniere/textes_consolides/2002/0047/EP-PE_TC1-COD(2002)0047_DE.pdf anmerkung 15).

Interoperabilität

Im Zuge der weltweiten Vernetzung und der steigenden Ansprüche an problemlosen Datenaustausch zwischen verschiedenen Systemen wird die Interoperabilität immer wichtiger.

Jede Veränderung am IT-System einer Firma verursacht Kosten, sog. Wechselkosten. Insbesondere Wechsel auf Produkte eines anderen Herstellers sind meist teurer als die Installation neuerer Versionen des gleichen Herstellers, da die beiden Systeme oft nicht komplett kompatibel sind. Sehr oft liegt das eigentliche Geschäftskapital und Wissen in den bisher angefallenen Daten. Ein durch mangelnde Kompatibilität der Programme bedingter Verlust ist häufig inakzeptabel.

Dies kann im Extremfall dazu führen, dass die Firma gezwungen ist, ausschließlich Produkte des ursprünglichen Anbieters zu kaufen, auch bei extremen Preissteigerungen u.ä., da die Alternative der komplette Datenverlust wäre. Für jeden neuen Wettbewerber ist es daher extrem wichtig, kompatibel mit bestehenden Systemen zu sein.

Sollten bestimmte Kommunikationsprotokolle, Schnittstellen und Dateiformate oder Algorithmen zur Erzeugung der Dateiformate patentiert sein, könnte dies dazu genutzt werden, Konkurrenten vom Markt zu verdrängen und neue Wettbewerber auszuschließen. Letztlich besteht die Gefahr, dass Patente auf Software neue Monopole bei Komplementärprodukten fördern können.

Diese Bedenken werden z.B. von der Monopolkommission des Bundes geteilt. Im 14. Hauptbericht der Monopolkommision heißt es (\cite{Monopol2002}): \glqq Im Gegensatz zur allgemeinen Annahme, dass weitgehender immaterialgüterrechtlicher Schutz zu höherer Investitionstätigkeit führt, vermochten Untersuchungen, die unter ähnlichen Bedingungen wie die der Softwareindustrie operierten, eine generelle Zunahme der Ausgaben für Forschung und Entwicklung nicht nachzuweisen. Vor diesem Hintergrund bewertet die Monopolkommission eine Ausdehnung des Patentschutzes auf Computerprogramme kritisch. Die mit dem Patentschutz verbundene vorübergehende Monopolstellung eines Unternehmens ist geeignet, die Konzentrationstendenzen auf dem Markt für Softwareprodukte weiter zu verstärken und den Wettbewerb zu behindern."'


Da Monopole meist negative Auswirkungen auf den Wettbewerb und das Allgemeinwohl haben, gibt es vielfältige Anstregungen, solche Monopole zu verhindern oder zumindest die negativen Auswirkungen zu minimieren.

Daher ist auch ein Streitpunkt in der aktuellen Debatte, ob und inwieweit es erlaubt sein sollte, patentierte Technologien auch gegen den Willen des Patentinhabers zu nutzen, wenn nur so die Interoperabilität gewährleistet werden kann. Ein weiterer Aspekt ist hier, ob der Patentinhaber dafür Zwangslizenzen vergeben muss oder in diesem Fall gar keine Lizenzgebühren anfallen.


Vor diesem Hintergrund ist eine Interoperabilitäts-Schranke insofern interessant, da hier die nötigen (staatlichen) Eingriffe zum Schutz vor Monopolen relativ gering sind. Andererseits könnte natürlich eine sehr weitreichende Schranke Software-Patenten insgesamt in Frage stellen, da dann potenziell sehr viele Patente aus \glqq Kompatibilitätsgründen"' benutzt werden könnten.


Das europäische Parlament hat im September 2003 durch die Hinzufügung des Artikels 9 der Richtlinie über die Patentierbarkeit computer-implementierter Erfindungen einen sehr weitgehenden Interoperatibilitätsbegriff vertreten (\cite{Europaparlament2003}): \glqq Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass in allen Fällen, in denen der Einsatz einer patentierten Technik für einen bedeutsamen Zweck wie die Konvertierung der in zwei verschiedenen Computersystemen oder -netzen verwendeten Konventionen benötigt wird, um die Kommunikation und den Austausch von Dateninhalten zwischen ihnen zu ermöglichen, diese Verwendung nicht als Patentverletzung gilt."'

Verfahrensfragen

// TODO was verfahrensfragen und wiso nur die

Erfindungshöhe

Um patentierbar zu sein, muss eine Erfindung neu sein, das heißt eine Erfindungshöhe aufweisen, die über dem bereits Bekannten liegt. Genauer definiert wird dies im EPÜ Art. 56 unter dem Schlagwort "erfinderische Tätigkeit". Demnach muss sich eine Erfindung "für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik" ergeben. Bedingst durch überlastete Prüfer und mangelnde Kontrollstrukturen beim EPA sowie durch unweigerlich auftretende subjektive Ansprüche an die Erfindungshöhe (auch bei den Prüfern) ist dieses Kriterium allerdings nicht immer gewährleistet.

Bereits vergebene Patente machen dies sehr deutlich. In den USA wurde kürzlich ein 2002 beantragtes Patent auf Caps-Lock-Warnungen an IBM vergeben (US-Patentnummer 6748468). Berühmt berüchtigt ist auch das Amazon-One-Click-Patent (Patentnummer EP0927945B1), dass in den USA sogar vor Gericht Bestand hatte. In Europa ist es allerdings nicht gültig, im Gegensatz zum Fortschrittsbalken (Patentnummer EP0394160) und dem elektronische Einkaufswagen (Patentnummer EP0807891).

Dieses Problem tritt in der Softwareindustrie besonders stark auf, da Software inkrementell entwickelt wird und daher tendenziell eher 'kleinere' Erfindungen entstehen. Hier die Erfindungshöhe sicherzustellen ist nicht leicht, so dass sogar Institutionen, die für Softwarepatente sind, wie der Europäische Rat, zugestehen, dass "eindeutig ungültige Patente" "besonders im Bereich e-Commerce" erteilt werden (http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/indprop/comp/com02-92de.pdf vorwort auswirkungen der patentierbarkeit S.6) und es "verursachen Patente auf inkrementelle Innovationen, wie sie für die Softwareindustrie charakteristisch sind, wirtschaftliche Kosten, denn es müssen Patentinhaber ermittelt und Verhandlungen über die nötigen Lizenzen geführt werden" (gleiche quelle).

// TODO: sollen wir drauf hinweisen das unser prof die these vertritt das es sogar gar nicht anders sein kann mit Softwarepatenten? Zumindest hab ich Ihn so verstanden.

Beführworter und Gegner sind sich einig Trivialpatente abzulehnen, strittig ist welche Formulierung ausreichend ist dies zu erreichen.

Laufzeiten

Die durch TRIPS (Art. 33) für alle WTO-Staaten verbindliche Patentlaufzeit beträgt 20 Jahre. Jedem Patentinhaber muss es ermöglicht werden, sein Patent mindestens so lange zu verlängern. Bei konventioneller Technik mag dies kein oder nur in Einzelfällen ein Problem sein. Dieser Zeitraum ist allerdings nicht der Dynamik und Schnelllebigkeit der Softwarebranche angepasst.

Einige Befürworter von Softwarepatenten, wie die Gesellschaft für Informatik e.V., sprechen sich dafür aus, für Softwarepatente eine spezifische Laufzeit von fünf Jahren einzuführen. (\cite{GIeV})

Die Überlegung dabei ist, das in anderen Branchen die Entwicklung eines Produktes bis zur Marktreife und Refinanzierung üblicherweise 7, 10 oder sogar 15 Jahre dauert. Der Patentschutz soll dem Gerecht werden und Investitionssicherheit bieten. In der Informatik sind diese Zyklen dagegen wesentlich kürzer und ein 'gleicher' Patentschutz muss dem entsprechend viel kürzer sein.

//TODO GUTES BEISPIEL FINDEN // Vielleicht entwicklung der großen unixe 80er jahre? Damals viele patente, hätte linux verhindert und entwicklung gegenseitig ausgebremst?

Eine fünfjährige Laufzeit wirft in der Praxis Probleme auf. So betrug die durchschnittliche Dauer von der Beantragung bis zur Gewährung eines Patents beim EPA 2002 49 Monate. (\cite{HIBA}) Auch derzeit werden nur 22% aller Patente innerhalb von drei Jahren erteilt. (\cite{Abendblatt}) Der Patentschutz gilt ab dem Anmeldetag. Es kann bei einer Patentlaufzeit von fünf Jahren also vorkommen, dass das Patent schon abgelaufen ist, bevor es erteilt wird.

Kosten

Um ein Patent zu bekommen, sind bereits erhebliche Aufwendungen nötig. Recherche- und Beantragungskosten alleine belaufen sich durchschnittlich auf etwa 28.500 Euro. Das zukünftige europäische Gemeinschaftspatent soll jedoch diese Kosten senken, indem eine Übersetzung in alle Amtssprachen der EU nicht mehr notwendig ist, so dass die durchschnittlichen Kosten 23.000 Euro sinken sollen (\cite{GDBinnen2003}). Besonders kleine Unternehmen und Open-Source-Projekte sind daher oft nicht in der Lage, Patente anzumelden und v.a. auch durchzusetzen.

Zum Durchsetzen eines Patents muss der Patentinhaber notfalls auch vor Gericht klagen. Die genauen Kosten für eine Patentklage variieren stark und auch in der Literatur weichen die Ansichten darüber ab, die American Intellectual Property Law Association hat jedoch eine Umfrage unter ihren Mitgliedern durchgeführt, demzufolge der Median der Kosten einer Patentklage jeder Partei bei einem Gerichtsstreit in den USA bei ca. 1,5 Mio US-$ liegt. (zitiert nach \cite{Lem2001}).

Es ist offensichtlich, dass solche enormen Kosten nicht ohne weiteres von kleineren Unternehmen getragen werden können. Somit wird ein Patentinhaber u.U. trotz berechtigter Ansprüche vor einer Klage zurückschrecken, insbesondere, wenn es sich bei dem Patentverletzer um ein großes Unternehmen handelt, dass über große finanzielle Ressourcen verfügt und somit auch einen längeren Gerichtsprozess durchhalten kann.

Um sich davor zu schützen, gibt es derzeit schon sogenannte Patentprozessversicherungen, die sich aber bisher nicht durchsetzen konnten, da sie schlichtweg zu hohe Beiträge bei zu geringen Schadensersatzzahlungen forderten. (\cite{insurance}) Zur Verbesserung dieser Situation war auch eine Pflichtversicherung im Gespräch, was dann natürlich allen Softwarefirmen einen regelmäßigen Beitrag aufbürden würde.

EPA-Interne-Abläufe

Abläufe im Europäischen Patentamt

Es ist wichtig Festzuhalten das das Europäische Patentamt keine Institution der Europäischen Union ist, sondern sich ausschließlich auf das "Europäisches Patentübereinkommen" von 1973 stützt. Diesem Übereinkommen sind seitdem auch Staaten Beigetreten die nicht in der EU sind.

Ein Patent wird, wenn es beim Europäischen Patentamt angemeldet wird normalerweise innerhalb von etwa 49 (TODO referenz) Monaten entweder angenommen oder Abgelehnt. Danach kann ab seiner Veröffentlichung innerhalb von 9 Monaten durch jedermann ein Einspruch erhoben werden, der an dem Internen Schiedsgericht des EPA durchgeführt wird.

Danach ist das Europäische Patentamt nicht mehr für das Patent zuständig, es 'zerfällt' in einzelne auf die Mitgliedstaaten beschränkte Patente. Soll ein Patent danach für nichtig erklärt werden muss dies in den einzelnen Staaten geschehen. (TODO: referenz auf: "As to litigation, European patents suffer compared with US patents in that infringement actions have to be taken country by country at added cost and with no certainty of consistent results and with no certainty of consistent results and with no common appeal court like the US Court of Appeal for the Federal Circuit or the court COPAC designed for Community patents." (http://www.suepo.org/public/docs/2001/armitage_en.htm))

Das EPA finanziert sich aus den eingenommenen Patengebühren, was das Europäische Parlament veranlasste in seiner Richtlinie festzustellen: "In dieser Hinsicht sollte insbesondere die Praxis in Frage gestellt werden, der zufolge es das Patentamt für angemessen hält, für die Patente, die es erteilt, bezahlt zu werden, da diese Praxis dem öffentlichen Charakter des Patentamtes schadet." (TODO referenz: http://www2.europarl.eu.int/registre/seance_pleniere/textes_consolides/2002/0047/EP-PE_TC1-COD(2002)0047_DE.pdf)

Eine weitere Schwierigkeit des Verfahrens ist das ein Europäisches Patent in alle Amtssprachen übersetzt werden muss, Van Benthem fasste das schon 1992 zusammen: "[...] ist festzustellen, daß die nationalen Übersetzungserfordernisse zur Verdoppelung der Kosten für die Erlangung eines europäischen Patents führen." (TODO: referenz: http://www.suepo.org/public/docs/2001/vanben_de.htm)

Das das EPA keine Institution der Europäischen Gemeinschaft ist wird es auch nicht von ihr, sondern von einem Rat der sich aus Mitgliedern der nationalen Regierungen zusammensetzt. (TODO: verweis: "As regards administration, the European Patent Office is not subject to control by the Community in respect of either its finances or its procedures, the controlling body being an Administrative Council consisting of representatives of member governments." (http://www.suepo.org/public/docs/2001/armitage_en.htm)

All dies führt dazu das das Europäische Patentamt als "[...] far too expensive in official charges and too slow." (todo referenz auf: http://www.suepo.org/public/docs/2001/armitage_en.htm) angesehen wird.

Patente als Waffe

// TODO: was verstehn wir darunter

Sperrpatente

Allg.: definition (TODO quelle? ich hatte die definition aus einer mail auf der ffii liste - noch was anderes suchen): Sperrpatent: patent das man selber nicht nutzt, aber hält, damit der Konkurrenz der Markteintritt verwehrt wird.

Die meisten Patente werden so verfasst, dass sie ein möglichst großes Feld abdecken. Je weiter ein Patent gefasst ist, desto besser sind die Aussichten auf Lizenzzahlungen und somit eine Rentabilität des Patentes. Jede Formulierung einer Patentschrift ist so eine Gratwanderung zwischen so umfassend wie möglich und nur so präzise wie nötig. So hat IBM nicht nur die Caps-Lock-Lampe patentiert (US-Patentnummer 6748468), sondern gleich alle möglichen Caps-Lock-Warnungen: "The signal may be a visual signal, an audible signal, a tactile signal, an auditory signal, or a combination thereof."

Einige Patente sind aber so grundlegend und weit gefasst, dass der Patentinhaber seinen Konkurrenten den Eintritt in ein gesammtes Marktsegment verwehren kann. Diese Patente werden als Sperrpatente bezeichnet, wenn der Patentinhaber diese selbst gar nicht nutzt oder nur angemeldet hat um eine Konkurrenz zu erschweren oder verhindern.

Ericson hält beispielsweise Patente über ein Verfahren mit dem die Strahlungsleistung von Handys reduziert werden kann. Diese werden aber nicht genutzt, da man inzwischen ganz andere Verfahren verwendet. Trotzdem werden die Patente gehalten, und können von Konkurrenten nicht genutzt werden.

Bei Softwarepatenten zeigen Sperrpatente aus drei Gründen besonders starke Auswirkungen.

  • Zum einen ist die Patentdichte hier wesentlich höher als in den klassischen Gebieten der Technik.
  • Zum zweiten sind die Laufzeiten von Softwarepatenten nicht der Schnelllebigkeit und Dynamik der Softwarebranche angepasst.
  • Zum dritten wird Software durch kombination und Wiedernutzung vieler Ideen erstellt.

Diese drei Attribute zusammen machen Softwareprojekte besonders angreifbar durch Sperrpatente.

Unsicherheit

Die Existenz von Patenten verursacht immer eine gewisse Unsicherheit. Einerseits ist Patentrecherche problematisch. Wer ein neues Patent anmelden will, der sollte sich vorher erkundigen, ob ein ähnliches Patent nicht bereits erteilt wurde. Auch Programmierer, die überprüfen wollen, ob ihr derzeitiges Projekt bestehende Patente verletzt, sind auf eine Recherche angewiesen. Diese gestaltet sich auf Grund der Verklausulierung vieler Erfindungen als schwierig. Patente sollen schließlich möglichst unkonkret und weit gefasst sein, um einen maximalen Geltungsanspruch zu erzielen.

Weiterhin wurden Softwarepatentschriften im Gegensatz zu technischen Patenten vom EPA im Netz nur als Bilddateien zur Verfügung gestellt (TODO quelle), wodurch eine Volltextsuche unmöglich wurde, während dies beim amerikanischen Patentamt seit 1976 Standard ist.

Dies alles führt dazu, dass man sich trotz einer Recherche nicht sicher sein kann, kein Patent zu verletzen. Begeht ein Entwickler trotz vorheriger Patentsuche eine Patentverletzung, so handelt es sich um eine bewusste Patentverletzung, die höhere Strafen als eine unbewusste mit sich führt. Daher könnte man sich auf den Standpunkt stellen, dass eine Recherche kontraproduktiv ist. Es existieren zwar auch kommerzielle Patentdatenbanken und Recherchedienste, aber besonders kleine oder Open-Source Entwickler können sich diese nicht leisten.

Um die Recherchen zu vereinfachen, wäre es wünschenswert, Patentinhaber dazu zu verpflichten, den Quellcode ihres Softwarepatents gleich mit zu veröffentlichen, da dieser die konkreteste Beschreibung eines Softwarepatents ist. Derzeit ist dies nicht nötig. Das hätte aber auch zur Folge, dass jeder Mitbewerber im Quellcode nach Patentverletzungen suchen kann, was für die Patentinhaber viel zu riskant wäre. Es sei noch anzumerken, dass quellenoffene Software als sicherer angesehen werden kann, da jeder in ihr nach Fehlern und Exploits suchen kann, es also \glqq open to read"' ist (\cite{Bundestux}).

Eine Strategie diesem Problem zu entgehen, ist cross-licensing, d.h. zwei Unternehmen erlauben sich gegenseitig, die Patente des jeweils anderen ohne Lizenzgebühren nutzen zu dürfen. Natürlich ist dafür ein gewisser eigener Patentpool Voraussetzung, was kleine Unternehmen oder Open-Source-Projekte meist ausschließt.

Rechtsunsicherheit entsteht weiterhin, da nach dem Wortlaut des Europäischen Patentübereinkommens von 1973 Patente auf Software nicht gewährt werden dürfen. Andererseits konnten eindeutig triviale Patente wie das "One-Click" Patent von Amazon vor Gericht bestätigt werden. Firmen, die auf bestehendes Recht vertrauten, werden dadurch benachteiligt und möglicherweise in ihrer Existenz gefährdet.

U-Boot-Patente

Als U-Boot-Patente werden Patente bezeichnet, deren Existenz weitgehend unbekannt ist, obwohl die patentierte Technologie von anderen genutzt wird. In einigen spektakulären Fällen verbreitete sich die Technologie sehr weit und erst nachdem sich ein Quasi-Standard etabliert hatte, begann der Patentinhaber, Lizenzgebühren einzufordern (z.B. das Unisys-Patent auf den in GIF verwendeten LZW-Kompressionsalgorithmus).

Obwohl dieses Vorgehen rechtlich nicht zu beanstanden ist, stellt es für Software-Entwickler eine Gefahr dar, inbesondere wenn diese Erfindung inzwischen sich allgemein durchgesetzt hat. In diesem Fall kann es sich kaum ein Anbieter leisten, diesen Standard nicht zu unterstützen, so dass der Anbieter einen sehr hohen Preis verlangen kann, obwohl diese sich Erfindung möglicherweise nicht so weit verbreitet hätte, wäre das Patent von Anfang an bekannt gewesen.

Allgemein geben Patentrechte auf Standards dem Patentinhaber besondere Macht, da die meisten Anbieter es sich nicht leisten können, einen Standard nicht zu unterstützen. Auch deswegen gab es gegen Microsofts Vorschlag, Sender-ID zu standardisieren, starken Widerstand.

Weg durch die Gremien

Aktuell werden in Europa Software-Patente sehr intensiv diskutiert. Dies liegt insbesondere daran, dass derzeit in den EU-Gremien eine Richtlinie beschlossen werden soll, die sich mit der Patentierung von Software beschäftigt.

Das prinzipielle Vorgehen in der EU sieht so aus, dass der Europäische Rat, bestehend aus den Staatschef und Ministerpräsidenten der EU-Mitgliedsstaaten, eine Richtlinie beschließt. Damit diese dann in Kraft treten kann, muss sie vom europäischen Parlament bestätigt werden. Sollte das nicht der Fall sein, befasst sich erneut der Rat mit der Angelegenheit. Anschließend kann das Parlament eine Stellungnahme abgeben, zur Zurückweisung der Richtlinie ist jetzt aber die absolute Mehrheit aller Abgeordneten nötig. Wird die Richtlinie auch zum zweiten Mal durch das Parlament zurückgewiesen, muss im Vermittlungsverfahren ein Kompromiss gefunden werden.


Formell wurde der Prozess im Februar 2002 von der EU-Kommission durch einen entsprechenden Beschluss in Gang gesetzt. In ihrem Entwurf übernahm die Kommission im Wesentlichen die Standpunkte des europäischen Patentamts und ermöglichte die Patentierung von Software weitgehend. Im November 2002 überarbeitete der Europäische Rat diese Richtlinie leicht.

Anschließend beschäftigte sich der Ausschuss für Recht und Binnenmarkt des europäischen Parlaments damit. Im Juni 2003 nahm der Ausschuss unter der Vorsitzenden Arlene McCarthy die Richtlinie mit 20:8 Stimmen an. Der Prozess im Ausschuss wurde von Software-Patentgegnern als intransparent und von Lobby- Interessen geprägt kritisiert, insbesondere McCarthy wurde wegen ihrer angeblichen Verbindungen zu Großkonzernen und Pro-Softwarepatent-Lobbyisten angegriffen.


Das europäische Parlament folgte im September 2003 jedoch nicht dem Vorschlag seines Ausschusses, sondern beschloss umfangreiche Modifikationen der Richtlinie, die im Wesentlichen zum Ziel hatten, die Patentierbarkeit von Software weitgehend auszuschließen.

Im europäischen Rat wurden im Mai 2004 einige Änderungen an der Richtlinie vorgenommen, ohne jedoch die Idee einer breiten Patentierung von Software aufzugeben. Bei einer Probeabstimmung wird dieser leicht veränderte Entwurf angenommen. Software-Patent-Gegner kritisieren insbesondere die Bundesregierung, die vorher den Richtlinienentwurf öffentlich ablehnte, nach kleineren Modifikationen (z.B. muss der \glqq technische Beitrag"' nicht mehr nur \glqq erfinderisch"', sondern auch \glqq neu"' sein) aber zustimmte, da dadurch \glqq die Anforderungen an die Patentierung deutlich erhöht"' würden. (\cite{Zypries2004}).

Im zweiten Halbjahr 2004 gab es jedoch noch einige Diskussionen: Das niederländische Parlament stimmte im Juli einem Antrag zu, der die Regierung aufforderte, gegen die Richtlinie zu stimmen.

Im November bekundete auch die polnische Regierung, man könne dem Entwurf so nicht zustimmen. In der Probeabstimmung im Mai hatte Polen sich enthalten, dies jedoch nicht zu Protokoll gegeben, da die polnische Haltung auf Grund der Mehrheitsverhältnisse ohnehin keinen Einfluss mehr gehabt hätte. Durch die in der Zwischenzeit geänderte Stimmengewichtung im Rat hat sich dies jedoch geändert.

Im Herbst 2004 einigten sich alle Fraktionen des Bundestages auf einen Antrag, der die Bundesregierung zur Ablehnung der Richtlinie auffordert, da sie nicht geeignet sei, das Problem der Trivialpatente in den Griff zu bekommen. Der Antrag soll Anfang 2005 formell verabschiedet werden.

Die endgültige Abstimmung im Rat soll - nach einigen Verschiebungen, angeblich auf Grund der schleppenden Übersetzung in sämtliche Amtssprachen der EU - am 21. oder 22. Dezember auf einem Treffen des Fischerei- und Landwirtschaftsrates erfolgen. Software-Patent-Gegner kritisieren neben der Tatsache, dass es sich hier eigentlich um ein fachfremdes Gremium handelt, v.a. dass mehrere Länder nach der Abstimmung noch abweichende Erklärungen abgeben und sowohl die niederländische als auch die deutsche Regierung anscheinend nicht dem Votum ihrer Parlamente folgen wollen.

Auswirkungen von Software-Patenten

Freie Software und Patente

Mit der zunehmenden Verbreitung von freier Software (\glqq Open Source Software"') wird auch die Frage der Auswirkung von Patenten auf freie Software wichtiger.


Häufig wird freie Software von Programmierern in ihrer Freizeit erstellt und kostenlos verteilt (auch wenn in letzter Zeit auch die kommerzielle Entwicklung freier Software an Bedeutung gewinnt). Sollte freie Software Patente verletzen und gezwungen sein, Lizenzgebühren für die Benutzung zu zahlen, wäre dies wohl nur schwer mit dem offenen Entwicklungsmodell zu vereinbaren sein, das jedem die beliebige Modifikation und Distribution der Software erlaubt.

Häufig bemisst sich die Höhe der Lizenzgebühren nach der Anzahl der \glqq verkauften"' Kopien. Bei dezentraler Verteilung und Weiterentwicklung ist es aber gar nicht möglich, die genaue Anzahl der Kopien zu beziffern. Folglich müsste es eine Beschränkung der Weiterverbreitung geben, um die Anzahl der Kopien kontrollieren zu können. Sehr breit genutzte Open-Source-Lizenzen wie die General Public License (GPL) und die Lesser General Public License (LGPL) verbieten aber jede Beschränkung der Lizenznehmer in Bezug auf die freie Verteilung der Software und ihrer Derivate.

Wenn freie Software auf den Einsatz patentierter Technologien verzichten muss, könnte sich dies so auswirken, dass der Funktionsumfang freier Software in entscheidenen Punkten hinter kommerzieller Software zurückbleibt.

In der Vergangenheit gab es bereits mehrere Fälle, in denen freie Software auf Unterstützung bestimmter Techniken verzichten musste. Wie oben schon geschildert, unterstützten freie Grafikprogramme bis zum Auslaufen des GIF- Patents von Unisys nicht die Erzeugung von GIF-Grafiken.

Auch beim GNU Privacy Guard gibt es Bedenken wegen der Verwendung des in den USA patentierten IDEA Algorithmus.

Verschiedentlich gibt es auch Vorschläge, die free software community sollte nach der Einführung von Software-Patenten eigene Patentpools aufbauen, diese für freie Software zur Verfügung stellen und nur gegenüber Herstellern proprietärer Software hohe Lizenzgebühren verlangen. Dies wird aber u.a. vom FFII als nicht praktikabel bezeichnet (\cite{FFIISchutzschilder2004}).


Eine weitere mögliche Abwehrmaßnahme wäre, dass Interessierte bereits vor Erteilung eines Patentes die Anträge durchforsten und so sicherstellen sollen, dass die Patentkriterien wirklich eingehalten werden. Insbesondere Trivialpatente sollten so verhindert werden.

Angesichts der jährlich stark steigenden Patentanmeldungen (\cite{EPA2003}) wäre die Arbeitslast allerdings extrem hoch. Weiterhin gibt es Hinweise, dass die überwiegende Zahl der gewährten Patente nie genutzt wird (\cite{Lem2001}). Wenn diese Zahlen zutreffen, würde ein solcher Vorschlag an der falschen Stelle ansetzen und somit weitgehend wirkungslos verpuffen.

Bislang wurden jedoch auch in den USA kaum Open-Source-Projekte wegen Patentverletzungen verklagt. Eine mögliche Erklärung bietet der FFII an: \glqq Doch es ist für beide Seiten schwierig, den wirklichen \glqq Stand der Technik"' zu ermitteln. (...) Daher wird in dem Maße, wie ein großes unübersichtliches Meer von Archiven existiert, aus dem die Geschichte der Software-Ideen mit genauem Datum rekonstruierbar ist, niemand mehr sicher sagen können, ob und inwieweit ein bestimmtes Patent gültig ist. Hieraus allein ergibt sich ein rationaler Grund für egoistische Unternehmen, die Gemeinde der Entwickler Freier Software nicht allzu unvorsichtig herauszufordern."' (\cite{FFIISchutzschilder2004})

Dies gilt insbesondere, da im Entwicklungszyklus freier Software sehr viel Code bereits in frühen Stadien veröffentlicht wird und somit potenziell neuheitsschädliche Publikation darstellt.

Mit der zunehmenden Kommerzialisierung freier Software und dem Engagement großer Firmen wie Novell und IBM, die sehr viele Patente besitzen, ergibt sich noch eine weitere Perspektive für freie Software: Firmen, die mit Komplementärprodukten zu freier Software ihr Geld verdienen, könnte es wichtig sein, Patentklagen abzuwehren und ihre Nutzer zu schützen. Gerade gegen einen Patent-Giganten wie IBM wäre es schwer, Patentansprüche durchzusetzen, da es durchaus wahrscheinlich ist, dass der Kläger seinerseits Patente von IBM verletzt, so dass es mindestens zu einer Pattsituation käme.

Insgesamt sind jedoch alle Lösungen mit einem erheblichen Prozessrisiko behaftet, dass zumindest potenziell geeignet ist, Interessierte vom Einsatz freier Software abzuschrecken.

Festzustellen bleibt noch, dass der Erfolg freier Software auch darauf beruht, dass es idR. keine Beschränkungen in Bezug auf den kommerziellen Einsatz gibt. Auch wenn es keine Lizensierungspflicht für den nicht-kommerziellen oder privaten Gebrauch gibt, könnte die Akzeptanz und Unterstütung von freier Software stark sinken, sobald hinreichend viele Software-Patente gewährt wurden.


Patent-Strategien von Großunternehmen

\glqq If people had understood how patents would be granted when most of today's ideas were invented and had taken out patents, the industry would be at a complete standstill today. The solution is patenting as much as we can. A future startup with no patents of its own will be forced to pay whatever price the giants choose to impose. That price might be high. Established companies have an interest in excluding future competitors."' (Bill Gates 1991, zitiert nach \cite{Less2002})

US-Großunternehmen haben häufig riesige Patentpools. Insbesondere IBM bekommt in den USA seit Jahren mehr Patente als irgendein anderes Unternehmen (3415 Patente im Jahre 2003 lt. \url{www.ibm.com/ibm/licensing/}).

Sollte ein Großunternehmen, das viele Patente besitzt, wegen einer Patentverletzung verklagt werden, ist es durchaus wahrscheinlich, dass der Kläger selbst eine Patente verletzt. Eine Lösung sind hier außergerichtliche Einigungen, die ein sog. \glqq Cross-Licensing-Abkommen"' beinhalten, d.h. beide Unternehmen räumen sich gegenseitig Nutzungsrechte an ihren Patenten ein und verzichten größtenteils oder vollständig auf weitere Forderungen ( \cite{HeiseIntel2002}, \cite{HeiseProxim2002}).

Anschaulich wird dies in der Aussage von Robert Barr, Cisco-Patentantwalt, vor der Federal Trade Commission (\cite{RobertBarr}):

\glqq But in 1994, the company started a program to obtain more patents. We did this for defensive purposes, to have something to offer in cross-licenses with older companies who had large patent portfolios and used them to obtain revenue and design freedom through licensing. (...)

My observation is that patents have not been a positive force in stimulating innovation at Cisco. Competition has been the motivator; bringing new products to market in a timely manner is critical. Everything we have done to create new products would have been done even if we could not obtain patents on the innovations and inventions contained in these products."'


Eine weitere Möglichkeit, die finanziellen Folgen einer Patentklage abzuwehren, bieten Versicherungen wie z.B. \glqq Open Source Risk Management"'.

Möglichkeiten kleiner und mittlerer Unternehmen

Für kleine und mittlere Unternehmen ist der Aufbau eines eigenen Patentpools meist schon aus Kostengründen unpraktikabel. Doch gerade die hohen Kosten einer Patentklage sind geeignet, die allermeisten mittelständischen Unternehmen in den Ruin zu treiben.

Andererseits stammen viele Erfindungen und Neuheiten auch gerade aus kleineren Firmen, diese könnten also ihre Schutzinteressen mit Hilfe von Software-Patenten auch gegen große durchsetzen. Einer BITKOM-Umfrage zufolge (\cite{Bitkom2003}) befürworten auch kleine und mittelständische Firmen eine Ausweitung der Patentierbarkeit von Software. Andere Firmen wie die United Internet AG oder MySQL befürchten jedoch große Nachteile und engagieren sich stark bei den Gegnern von Software-Patenten. Diese Befürchtungen werden gestützt durch Zitate wie das obige von Bill Gates oder die Stellungnahme der Monopolkommission.

Bibliographie

@misc{IHK-Studie,

 AUTHOR = Vorlage:Jan Glockauer, Lars Manske, Stephan Wimmers,
 TITLE  = "Bürokratiehemmnisse für KMU durch die EU-Gesetzgebung",
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 ORT = "Brüssel"
 howpublished = "\url{http://www.dihk.de/inhalt/download/studie_eu_buerokratie.pdf}",
 NOTE   = "Stand: 13.12.2004",

} TODO: Hier muss noch rein, dass das eine IHK-Studie ist.

@misc{www.patents4innovation.org,

 AUTHOR = Vorlage:Www.patents4innovation.org,
 TITLE  = "The CII Directive Proposal",
 howpublished = "\url{http://www.patents4innovation.org/index.php/eng/cii/}",
 NOTE   = "Stand: 16.12.2004",

}


@misc{Richtlinienvorschlag,

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 TITLE  = "Vorschlag für eine Richtlinie des Eurpäischen Parlaments und des Rates über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen",
 MONTH = "20.2.",
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 ORT = "Brüssel"
 howpublished = "\url{http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/indprop/comp/com02-92de.pdf}",
 NOTE   = "Stand: 13.12.2004",

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@misc{www.sensortime.com,

 AUTHOR = Vorlage:Www.sensortime.com,
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@misc{US-Richtlinie,

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@misc{FfiiTrips,

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@misc{insurance,

 AUTHOR = Vorlage:CJA Consultants Ltd,
 TITLE  = "Patent Litigation Insurance: a study for the European Commission on possible insurance schemes against patent litigation risks",
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 YEAR   = "2003",
 howpublished = "\url{http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/indprop/patent/docs/patent-litigation-insurance_en.pdf}",
 NOTE   = "Stand: 13.12.2004",

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@misc{EPA2003,

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 howpublished = "\url{http://annual-report.european-patent-office.org/2003/statistics/_pdf/epa_jb03_76.pdf}",
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% TODO: Wann?

@misc{FFIISchutzschilder2004,

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@inproceedings{Lem2001, AUTHOR = {Mark Lemley}, TITLE = Vorlage:Rational Ignorance at the Patent Office, JOURNAL = "Informatik-Spektrum", YEAR = 2001, BOOKTITLE = {Northwestern University Law Review, Vol. 95, No. 4},

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 howpublished = "\url{http://www.oreillynet.com/pub/a/policy/2002/08/15/lessig.html?page=2}",
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 NOTE   = "Stand: 16.12.2004",

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@misc{RobertBarr,

 AUTHOR = {Robert Barr},
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 MONTH = "April",
 YEAR   = "2002",
 howpublished = "\url{http://www.heise.de/newsticker/meldung/26559}",
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@misc{Bitkom2003,

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@misc{Zypries2004,

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@misc{GDBinnen2003,

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