Berufungskommission
Eine Berufungskommission ist so etwas wie eine Fachgruppe der Personalabteilung. Sie kümmert sich um die Entscheidung, welche Bewerber für eine Berufung zum Professor in Frage kommen und schlägt dann eine Reihung von bis zu Dreien dem Fakultätsrat vor.
Was macht man da?
Als Mitglied in diesem Gremium beschäftigt man sich in der Regel mit vier fest aufeinander folgenden Abläufen:
- Auswählen von aussichtsreichen Bewerbern aus den Bewerbungsschreiben und Einladen zu Vorstellungsvorträgen
- Teilnahme an den Vorstellungsvorträgen zur engeren Auswahl von Kandidaten
- Einholen von Gutachten über die verbliebenen Bewerber
- Erstellen einer Reihung als Vorschlag für den Fakultätsrat
Was sollte man dabei beachten?
Als Mitglieder in diesen Gremien ist es unsere vorrangige Aufgabe sicherzustellen, dass die Bewerber in der Lage sind gut zu Unterrichten und in der Lehre nicht nur ein lästiges Beiwerk sehen.
Das beginnt bereits in der Auswahl der Bewerber. Dabei sollte vorrangig darauf geachtet werden, dass die Personen, die nachher eingeladen werden, zumindest ein Mindestmaß an Lehrerfahrung mitbringen. Dass kann sowohl eine frühere Tätigkeit als Tutor oder die mehrjährige Tätigkeit als Dozent sein, als auch Lehraufträge oder die Ausrichtung (besonders) vieler Workshops. Außerdem werden bei den Bewerbungen meist Empfehlungsschreiben mitgeschickt. Auch dabei empfiehlt es sich auf die (Nicht-)Erwähnung von Lehrkompetenz zu achten. Von Relevanz ist ebenfalls die Zeit, seit dem das letzte Mal diese Lehrtätigkeit ausgeführt wurde und ob die Bewerberin seit dem Fort- oder Weiterbildungen zu diesem Thema besucht hat.
Eine weitere Möglichkeit zur Auswahl ist, während oder nach dem Vortrag den Kandidaten Fragen zu stellen. Zum Beispiel:
- (nach dem Vortrag) Weshalb haben Sie für diesen Vortrag, den von Ihnen verwendeten Vortragsstil einsetzt? Weshalb nicht einen anderen?
- Welches Format/Lehrkonzept würden Sie bei einer neu zu konzipierenden Pflichtveranstaltung im Bachelor-Studium mit ca. 120 Teilnehmern wählen? (Randbedingung: aktueller Ausstattungsschlüssel der Fakultät)
- Was würden Sie tun, wenn Studenten zu Ihnen kommen und sich beschweren, dass die Übungsblätter zu schwer / leicht / veraltet / ... sind?
- Wie würden sie einem Studenten im Grundstudium in wenigen Worten "Objektorientierung" (oder einen beliebigen anderen Begriff des Fachgebiets) erklären?
- Würden sie ihr Fachgebiet über Studiengebühren finanzieren wollen?
- Wie sieht ihr didaktisches Lehrkonzept aus? Warum?
- Welche Zusatzqualifikationen gedenken sie im Bereich der Lehre in den nächsten Jahren zu erwerben?
- Wie stehen sie zu Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich der Lehre für Professoren?
- Was halten sie von Anwesenheitspflicht in Vorlesungen oder Tutorien?
- Wie stehen sie zu Teilnehmergrößen jenseits der 300? Was würden sie tun um diesen Umstand abzufangen?
- Welche (elektronischen) Medien würden Sie in Ihren Veranstaltungen einsetzen und wie offen sind Sie gegenüber neuen Lehrformen (Screencasts, ELearning...)?
- Hätten Sie Interesse in Gremien wie Ausbildungskommission, Fakultätsrat und Co mitzuarbeiten
- Wie stehen Sie zu dem klassischen Model der Vorlesung und wieso?
- Welche anderen Lehrformen würden Sie ausprobieren wollen? Seien Sie ruhig visionär.
- Bei uns gibt es die Lehrform PÄS bei der Leistungen über das Semester erbracht werden. Weil dafür die Prüfungsleistungen schon während des Semesters erbracht werden müssen, ist eine frühe Anmeldung nötig. Dies erschwert den Studenten jedoch ein "Hineinschnuppern". Welchen Zeitraum nach Semesterstart halten Sie für eine verbindliche Anmeldung als angemessen und wieso?
- An unserer Universität ist bei den Studenten die Identifikation mit der Universität nicht sehr ausgeprägt. Welches kleines Engagement könnten Sie anbieten um diesen Umstand zu verbessern? Wie glauben Sie ein Vorbild sein zu können, um zu zeigen, dass es auch anders geht?
Hat man das Gefühl, der Kandidat redet einem bei diesen Fragen nur nach dem Mund, kann dieses Gefühl u.U. auch das Richtige sein, aber so sicher sein kann man da nie. Deshalb gilt es schwierigere Fragen zu finden, in denen es nicht wie in der Fahrprüfung nur eine richtige Antwort geben kann und der Kanditat zum Nachdenken gezwungen wird. Auch lohnt es sich, die Antworten zu notieren und für später aufzuheben. Ein Eingestellter Professor vergisst sonst gerne was er in der Bewerbung versprochen hat.
Und schlussendlich sollte auch bei den Gutachten etwas über die Lehrkompetenz der Potentaten stehen.
Wichtig ist, dass man sich bei allen drei Punkten von den anderen Mitgliedern nicht abkanzeln lässt. Jede der Gruppierungen hat unterschiedliche Interessen und das Ergebnis der Kommission sollte, nach Möglichkeit, immer ein Kompromiss dieser Interessen sein. Besonders die Professoren sind leider dafür bekannt, mehr auf die Exzellenz der Forschung und möglichen Synergien mit ihrem eigenen Fachgebiet zu achten, als auf die Lehre.
Eine weitere wichtige Sache ist die Möglichkeit bereits im Voraus Zusagen oder zumindest Tendenzen für Fortbildungen der Dozierenden zu erhalten. Nur eine Professorin die bereit ist dazu zu lernen, auch im Bereich der Lehre, unterstützt unsere primäres Anliegen.
Warum ist das Wichtig?
Die Berufung eines Professors erfolgt auf Lebenszeit. Das bedeutet, wenn eine Bewerberin oder ein Bewerber erst einmal eingestellt ist, wird man ihn nicht ohne Weiteres wieder los. Deswegen ist es besonders wichtig nur Professoren und Professorinnen einzustellen, von denen wir erwarten können, dass sie auch in Zukunft exzellente Lehre leisten. Nichts ist so schädlich für Studenten und Studentinnen und für den Ruf einer Universität, wie ein unmotivierter Schnarchsack oder eine inkompetente, keifende Dozentin.
Als Letztes sei noch darauf hingewiesen, dass diese Art der Mitbestimmung weder normal, noch die Regel ist. Das Studenten und Studentinnen in Personalfragen bei der Auswahl von Professoren mitwirken dürfen, ist in Deutschland selten und ein hart erkämpftes Recht an dieser Universität. Wenn wir als Studenten dieses Recht nicht wahrnehmen, wird es über Kurz oder Lang verloren gehen. Um also eine faktische Alleinentscheidung jener Statusgruppe zu verhindern, die natürlicherweise zunächst ihre eigenen Interessen im Auge hat, müssen wir uns beteiligen.